Berichte unserer Menschenrechtsbeobachterinnen in Osttimor
Von Anfang April bis Ende Juli 2024 waren zwei erfahrene internationale Menschenrechtsbegleiterinnen, Angela Escher und Pia Caduff, für PWS in Osttimor im Einsatz. Sie hatten die herausfordernde Aufgabe, die Möglichkeiten für ein zukünftiges Engagement von PWS vor Ort weiter abzuklären. Zusammen mit dem HAK-Team haben die PWS-Einsatzleistenden die Menschenrechtssituation in den drei staatlichen Gefängnissen beobachtet und dokumentiert sowie HAK bei Empfehlungen an Regierungsstellen unterstützt. Im Auftrag von PWS haben sie zudem eine Kontextanalyse im Menschenrechtsbereich durchgeführt, ein Akteur-Mapping erstellt und einen Schlussbericht mit Empfehlungen an PWS verfasst. PWS erhielt dadurch einen einzigartigen Einblick in die Menschenrechtssituation in Osttimor.
Nun sind Angela und Pia wieder zurück in der Schweiz und wir haben sie zu ihrer Motivation, den besonderen Herausforderungen und ihren Eindrücken vor Ort befragt. Das Interview mit den Beiden finden Sie hier.
Hintergrundinformationen zum Kontext in Osttimor
Seither sind die demokratischen Institutionen trotz politischer Spannungen intakt – der Ausbruch eines internen Konflikts machte die Rückkehr einer internationalen Friedenstruppe von 2006 bis 2012 nochmals nötig. Die Herausforderungen jedoch sind riesig, die wirtschaftliche Entwicklung seit 2017 wieder rückläufig und das Land steht vor komplexen und heiklen Entwicklungsproblemen: Armut, soziale Ungerechtigkeit, hohe Jugendarbeitslosigkeit, schlecht ausgebildete Menschen, wachsende Kluft zwischen Stadt und Land, wirtschaftliche Abhängigkeit vom Erdöl (fast ¾ der Staatseinnahmen kommen aus dem Erdölgeschäft), schlechte Verwaltung der öffentlichen Finanzen, eine kostspielige Staatsbürokratie, Anfälligkeit auf vermehrte Naturkatastrophen durch Klimawandel.
Menschenrechte werden auf vielfältige Weise verletzt: Die Aufarbeitung der Verbrechen gegen die Menschlichkeit während der indonesischen Besatzung von 1975-1999 wird kontrovers angegangen. Osttimor hat eine der weltweit höchsten Rate an geschlechtsspezifischer Gewalt (Gender Based Violence), die Polizei wendet exzessiv Gewalt an, Gefängnisse sind überbelegt, der Zugang zur Justiz ist nicht immer gegeben, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Politik ist geprägt von Klientelismus, Machtkämpfen und persönlichen Rivalitäten der «alten Garde», was die Funktionsfähigkeit der demokratischen Institutionen daran hindert, die langfristigen Interessen des Landes und der Bevölkerung in den Vordergrund zu stellen. Für einen notwendigen politischen Wandel spielen zivilgesellschaftliche Organisationen eine entscheidende Rolle: Sie befähigen die Bevölkerung politisch teilzunehmen, übernehmen eine Kontrollfunktion und ziehen die politischen Parteien in die Verantwortung.
Seit Ende 2022 ist PWS in Kontakt mit der timoresischen Menschenrechtsorganisation HAK, die sich durch die internationale Präsenz und Begleitung durch Menschenrechtsbeobachter:innen von PWS mehr Gewicht und Anerkennung ihrer Menschenrechtsarbeit verspricht. Das Pilot-Projekt dient der Klärung der Effektivität und Wirkung der internationalen PWS-Präsenz in Osttimor. Thematisch stehen, neben dem Fokus auf den Strafvollzug, insbesondere auch Landrechte, Zugang zu Wasser und genderbasierte Gewalt im Zentrum.
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[1] Quellen: Blickwechsel: Guteriano Neves: Auf der Suche nach Wandel in der Politik von Timor-Leste, 2023. Menschenrechtsstudie von Missio: Monika Schlichter: Osttimor stellt sich seiner Vergangenheit, 2005. Stiftung Asienhaus. Empfehlungen OHCHR nach drittem Zyklus des UPR Timor-Leste, August 2022.
Die Berichte
Interview mit unseren Menschenrechtsbegleiterinnen
PWS hat Angela Escher und Pia Caduff nach ihrem Einsatz in Osttimor zu ihrer Motivation, den besonderen Herausforderungen und ihren Eindrücken vor Ort befragt….Continue reading Interview mit unseren Menschenrechtsbegleiterinnen →
Chega! Genug! Osttimor verarbeitet seine blutige Vergangenheit
Von Angela Escher, Timor-Leste. Nach den zahlreichen Gräueltaten und Menschenrechtsverbrechen, die während des osttimoresischen Bürgerkriegs von 1974-1975 und der anschliessenden indonesischen Besatzung von 1975-1999 geschehen sind, ist der Versöhnungsprozess in Osttimor nicht abgeschlossen. Angela beschreibt in ihrem Artikel, wie er von verschiedenen NGOs angetrieben wird, mit dem Ziel, den Boden für eine gerechte Zukunft zu schaffen. …Continue reading Chega! Genug! Osttimor verarbeitet seine blutige Vergangenheit →
Hinter der Mauer – Gefängnisansicht von innen
Von Pia Caduff, Timor-Leste. Ein Fokus des Pilot-Projekts von PWS in Timor-Leste liegt auf der Begleitung und Beobachtung des Monitorings des Strafvollzugs durch HAK. Zusammen mit HAK-Mitarbeitenden besuchen Pia und Angela aktuell zum zweiten Mal die drei Gefängnisse. Anbei finden Sie Pias Bericht. …Continue reading Hinter der Mauer – Gefängnisansicht von innen →
Osttimor regelt seinen Landbesitz
Von Angela Escher, Timor-Leste. Im September 2024 wird in Dili der Besuch des Papstes erwartet. Dafür richtet die Regierung die Stadt her: mehrere illegal erstellte Quartiere werden gewaltvoll geräumt, ohne Masterplan und ohne den Menschen Alternativen zu bieten. Wie der Artikel von Angela zeigt, ist timoresischer Landbesitz ein komplexes Thema….Continue reading Osttimor regelt seinen Landbesitz →
Gewalt – der rote Faden im Leben der Frauen in Timor-Leste
Von Pia Caduff, Timor-Leste. Geschlechtsspezifische Gewalt ist in Timor-Leste sehr weit verbreitet und ist in der patriarchalen Gesellschaft weitgehend akzeptiert. Die Einsatzleistenden haben ein Frauenhaus besucht und mit Vertreterinnen von Frauenrechtsorganisationen gesprochen. Pia gibt uns in ihrem Bericht einen Überblick. …Continue reading Gewalt – der rote Faden im Leben der Frauen in Timor-Leste →
Die wiederhergestellte Unabhängigkeit feiert Geburtstag
Von Angela Escher, Timor-Leste. Zusammen mit HAK hat Angela an den Feierlichkeiten zum Unabhängigkeitstags am 20. Mai im Gefängnis Bekora in der Hauptstadt Dili teilgenommen. In ihrem Bericht schildert sie uns ihre Eindrücke. …Continue reading Die wiederhergestellte Unabhängigkeit feiert Geburtstag →
Wer ist HAK?
Von Pia Caduff, Timor-Leste. Pia gibt uns in ihrem ersten Artikel einen Überblick über die Arbeit von HAK, der timoresischen Menschenrechtsorganisation, mit welcher PWS für das Pilot-Projekt in Timor-Leste aktuell zusammenarbeitet. …Continue reading Wer ist HAK? →