Internationale Präsenz als Antwort auf das Postulat honduranischer CSO
Von Marianne Widmer
Erschienen in à propos – das Friedensmagazin von KOFF – N° 175: Zentralamerika: Gegen die zunehmenden Hindernisse für den Frieden
April 2022
Anlässlich des gemeinsamen Lernprozesses von Peace Watch Switzerland (PWS), HEKS und KOFF 2016 haben zivilgesellschaftliche Organisationen (CSO) in Honduras ihre Erwartungen klar formuliert: Es braucht die Stärkung zivilgesellschaftlicher Akteure in Honduras durch internationale Präsenz und die explizite, internationale Stellungnahme zu Menschenrechtsverletzungen gegenüber der Regierung. Darin bestehe einer der wenigen Hebel, um bei der verordneten «Entwicklung» im Land Mitsprache zu erwirken – also Partizipation der Betroffenen in einem Entwicklungsmodell, das in der Ausbeutung natürlicher Ressourcen durch profitmaximierte Investments besteht und von einer korrupten, ins organisierte Verbrechen verwickelten Elite mit Einschüchterung, Kriminalisierung und Repression durchgesetzt wird.
Anfang 2018 startete PWS das Programm zur internationalen Menschenrechtsbeobachtung und -begleitung in Honduras. Dadurch versucht PWS, auf das Postulat der honduranischen CSO eine Antwort zu geben.
PWS ist physisch in ländlichen Gemeinden präsent, die sich in einem Kampf gegen Investments in ihrem Lebensraum befinden. Die Organisation begleitet die Mitglieder dieser Gemeinden in ihrem Alltag, bei Behördengängen, bei der Vorbringung ihrer Forderungen oder in juristischen Prozessen. Dadurch schafft sie eine gewisse menschliche Sicherheit vor Ort. Der Anteil an gerichtlichen Begleitungen hat sich in den letzten Jahren mehr als verdoppelt. Prozessbeteiligte, Richter:innen und Anwält:innen bestätigen, dass die physische Präsenz von PWS am Gericht die Rechtsprechung erleichtert. So trägt die Organisation zu mehr Rechtssicherheit bei.
PWS dokumentiert ihre Beobachtungen und legt einen Fundus an empirischen Daten an. Anhand verschiedener Einzelfälle – PWS begleitet gegenwärtig neun Gemeinden – schafft die Organisation einen Überblick über die gängigen Mechanismen von Rechts- und Menschenrechtsverletzungen gegenüber einer ländlichen Zivilbevölkerung, die in ihrem Lebensraum Mitbestimmung fordert. Die physische Präsenz und die Dokumentation über die Zeit erlauben PWS, nahe an den einzelnen Prozessen zu sein und diese genau nachzuzeichnen.
Letztlich spielt PWS eine Rolle in einem Netz von Akteur:innen, die auf unterschiedlichen Ebenen die zivilgesellschaftliche Aktion durch internationale Begleitung stärken. Die Organisation wendet sich in akuten Fällen an die strategischen Akteure, damit diese auf der Grundlage ihrer Dokumentation aktiv werden kann. So hat PWS im Oktober 2020 eine Reihe von gezielten Übergriffen und Gewaltdrohungen an Führungspersonen in einer begleiteten Gemeinde dokumentiert, die Plattform der INGOs und die DEZA darüber informiert. Die DEZA reichte diese Informationen weiter, sodass PWS und die angegriffene Person für das anstehende Meeting mit internationalen Regierungsvertretungen und dem UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte (OACNUDH) in Honduras zu einem Hearing eingeladen werden konnten. Durch solchen Rückhalt bei Akteuren mit Handlungsspielräumen, die weit über denjenigen von PWS hinausgeht, verstärkt PWS die Schutzwirkung für die von ihr begleitete Basis und für sich selbst als exponierte Institution.
Die DEZA ist eine wichtige strategische Partnerin für PWS. Über die eingespielte Kooperation und die konsularische Betreuung ihrer Schweizer Einsatzleistenden steht PWS in ständigem Austausch. Die DEZA hat PWS in mehreren Fällen den entscheidenden Zugang zur Plattform internationaler Regierungsvertretungen und zum UNO-Hochkommissariat für Menschenrechte in Honduras verschaffen können. Das Wegfallen dieser Partnerschaft nach 2024 bedeutet einen herben Verlust für uns und unsere Partner:innen.